Das Haus meiner Großeltern lag direkt in der hannoverschen Innenstadt. Von Geburt bis zur völligen
Zerstörung durch englische Bomben in der Nacht vom 8. auf den 9. Oktober 1943 war es auch mein
Zuhause. Die Osterstraße ist eine der ältesten Straßen Hannovers. Sie durchzieht die Innenstadt von der Seilwinderstraße bis zum Friedrichswall. Der Name ist von der Himmelsrichtung abgeleitet (im Osten der Altstadt).
Karte 1937
Osterstraße 103-105 im Jahr 1925
Aus den bisherigen Unterlagen geht die exakte Hausbezeichnung nicht hervor. Es ist sowohl von der
Hausnummer 104 als auch 105 zu lesen, einmal auch von 103-105. Lt. Adressbuch von 1939 wohnte die Familie im Haus 105. Möglicherweise ist damit aber nur eine Wohneinheit des Gesamtkomplexes gemeint. Das Grundstück liegt zwischen
der Gr. Packhofstraße und der Kl. Packhofstraße. Das Fachwerkhaus wurde 1655 gebaut und war ein
sogenanntes Traufhaus. Dieser Neubau löste das sogenannte R0DEHUS ab, das Mitte des 15. Jahrhunderts auf dem Grundstück gebaut wurde und zeitweise im Besitz des Beginenordens war.
Unter dem rechten Teil des Hauses (Foto, unter dem Schriftzug „G. Bendhack“) gab es eine Zuwegung zum „Johanneshof“ (Johannshof, Johannishof), eines der für Hannover typischen „Budenquartiere“.
Osterstraße 104-105 im Jahr 1895

Blick vom Johanneshof auf den Zuweg unter dem späteren Haus meiner Großeltern, 1890
Wann mein Großvater das Haus gekauft hat, ist mir nicht bekannt. Zu dem entsprechenden Zeitpunkt
war im Untergeschoss bereits eine Gaststätte mit Namen „Zum wilden Mann“, wurde dann
später durch meinen Großvater in „Zum weissen Bären“ umbenannt, weil Oma und die Kinder den alten Namen nicht mochten. Möglicherweise wurde das Haus von einer Abfindung als kaiserlicher "Zeitsoldat" gekauft. Mein Großvater war nach Erzählungen meiner Mutter Vizefeldwebel und Zahlmeister. Meine Großeltern stammten aus Straßburg/Elsass, wo mein
Ur-Großvater, Franz Ludwig Lehmann, Vizefeldwebel des 6. Sächs. Infanterie Regiments Nr. 105 war.

Personalien meiner Großeltern 1912 (Ausschnitt Geburtsurkunde meiner Mutter)

Die Lehmanns in den 1940er-Jahren. Leider habe ich meine Großeltern nicht kennengelernt
Nach dem Krieg wurde der Schutt auf dem Grundstück durch die Stadt abgefahren und mit zur Aufschüttung
der Ränge des neuerbauten „Niedersachsenstadion“ genutzt. Auf Druck der Stadt ("mögliche Enteignung" mit geringer Entschädigung)
wurde das Grundstück Mitte der 1950er Jahre durch meine Mutter und ihre beiden Schwestern verkauft.
Die Liste des Grauens. Unfassbar, alles in 40 Minuten an einem einzigen Ort!
Unfassbar aber auch die Reaktion in der Hannoverschen Zeitung vom gleichen Morgen
Britischer "Schadensbewertungsbericht" für diese Nacht (ext. PDF-Link)
Schadensplan nach Kriegsende "Altstadt" mit Osterstraße (ext. Link) 
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